Die Fördersumme von über 1,9 Mio. Euro dient dem Aufbau eines Anlagentechnikums für die Entwicklung recyclinggerechter Vorbehandlungsstrategien für das Kunststoffrecycling, kurz ReVor.
Hinter ReVor steht der Aufbau eines semi-industriellen Anlagentechnikums als Reallabor, in dem komplexe Kunststoffbauteile und Materialverbünde aus technischen Anwendungen so vorbehandelt werden, dass sie recycelt werden können. Hierzu gehören beispielsweise Kunststoff-Metallverbünde, die Shredderleichtfraktion von Altfahrzeugen oder der Elektronikschrott aus alten elektronischen und elektrischen Geräten (E&E), Composites wie glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) u. a. aus Rotorblättern von Windenergieanlagen (WEA) oder diverse Kunststoffabfälle aus dem Baubereich wie Dämmstoffe, usw., für die es allesamt aktuell noch keine zufriedenstellende Recyclinglösungen gibt. Die beantragte Forschungsinfrastruktur soll aus verschiedenen spezifischen, modularen, semi-industriellen Aufbereitungs-Prozessstufen und Anlagenkomponenten bestehen, die flexibel in Reihe geschaltet und in beliebiger Reihenfolge ggf. auch kaskadiert durchlaufen werden können.
Wollen wir zukünftig hochwertige Post-Consumer-Rezyklate herstellen, ist eine multivariables und derzeit einzigartiges Anlagentechnikum dieser Art die Grundvoraussetzung. Es ermöglicht aus recyclingtechnischer Sicht die Entwicklung optimierter Vorbehandlungsstrategien und Prozessparameter für das Trennen, Reinigen und Separieren verschiedener Bauteil- oder Materialkomponenten und ist in dieser Form zur Entwicklung von Aufbereitungsstrategien einmalig in der Forschungs- und Industrielandschaft.
Die Entwicklung von inputspezifischen Vorbehandlungsstrategien für komplexere Bauteile in der Recyclingtechnik der notwendige "Schlüsselfaktor" für das Recycling bisher nicht recyclingfähiger technischer Bauteile aus den o. g. Anwendungen. Nur damit kann die Marktnachfrage nach höherwertigen Post-Consumer-Rezyklaten im Bereich technischer Kunststoffe in den nächsten Jahren auch angesichts der verschärften gesetzlichen Regelungen erfüllt werden.
So ist beispielsweise die effektive Abtrennung von Eisen- und Nichteisenmetallen aus der Shredderleichtfraktion aus dem Automobilbereich oder dem E&E-Bereich stark von der Größe und dem Design der Bauteile sowie den Partikel abhängig und führt an unterschiedlichen Stellen der Vorbehandlung zu unterschiedlichen Ergebnissen. Auch die verschiedenen Dichtetrennverfahren müssen weiterentwickelt werden, um technische Kunststoffe gezielt abtrennen zu können. Spektroskopische Trennverfahren mit unterschiedlichen Wirkmechanismen für die Auftrennung der Kunststofffraktionen sind weitere wichtige Verfahrensschritte, die an verschiedenen Stellen im Aufbereitungsprozess eingesetzt oder teilweise mehrfach durchlaufen werden. Zu den Prozessparametern selbst gehören beispielsweise die Drehzahl, die Materialdurchsätze oder die Sieblochgröße der Zerkleinerungsaggregate, die eingesetzten Temperaturen oder die Tenside beim Waschen, das Benetzungsverhalten des Trennmediums und das Trennmedium selbst bzw. die daraus resultierenden Dichteschnitte bei der Schwimm-Sink-Trennung, die Partikelgröße oder Sensibilität bei den verschiedenen spektroskopischen Trennverfahren, sowie die Reihenfolge und Wiederholung der verschiedenen Prozessschritte.
Neben der Flexibilität der modular verschaltbaren Prozessstufen ist der semi-industrielle Maßstab für die inputspezifische Vorbehandlung ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal des Anlagentechnikums des Projekts. Für neue Inputströme gibt es derzeit nur die Möglichkeit, bestehende industrielle Aufbereitungs- und Recyclinganlagen zu nutzen. Die Entwicklung von Aufbereitungsprozessen für neuartige Inputströme scheitert damit jedoch häufig an den erforderlichen Mengen an Inputströmen, der Kontamination der Anlagen mit Vorprodukten, der mangelnden Flexibilität der Prozesse hinsichtlich der Prozessschritte und Prozessparametern sowie den fehlenden Möglichkeiten zur Qualitätsbewertung der Effektivität der jeweiligen Zwischenstufen.